Schlagwörter
Beerdigung, Bekleidung, Bekleidungskette, Bluse, Hose, Hosenkauf, Jackett, Klamottenladen, Kleiderkauf, Kleiderverkäuferin, Kundin, schwarz, Tod, Trauer, Trauerfeier, Trauerkleidung, Trauerrede
Freitag, 19. Februar 2010.
Kleine Filiale einer internationalen Bekleidungskette
Verkäuferin – angefältelt, dürr, die Wimperntusche ist auf die Wangen gewandert, randlose Brille an Goldkettchen
PB – kommt aus Umkleidekabine
Verkäuferin (linst über den Brillenrand): Das ist aber schon arg dunkel, dieses Jackett, es wird doch Frühling!
PB: Ja schon, aber ich brauche –
V: (reißt einen roten Fummel hoch): Sie sollten dieses hier nehmen! Knallige Farben stehen Ihnen viel besser, ich sehe so etwas sofort (lächelt nonchalant).
PB: Ja schon, aber ich suche –
V: Jetzt probieren Sie doch wenigstens (presst PB das Teil ins Gesicht).
PB (schiebt das rote Ding weg): Nein, ich brauche ein –
V (zieht eine Augenbraue hoch): Rot gefällt Ihnen wohl nicht?
PB: Doch. Aber es ist für eine Beerdigung und –
V: Ach? (nimmt die Brille ab und lässt den Blick nach unten wandern): Dann sollten Sie aber nicht nur ein neues Oberteil … Also diese Hose …
PB (irritiert): Ich hatte nicht vor, diese Hose –
V (rauscht davon, kommt mit schwarzer Hose zurück): Bei so einem Anlass können Sie ruhig einmal richtig zuschlagen (grinst).
PB (noch mehr irritiert): Wie bitte?
V: Na da muss doch alles passen. Und diese Hose –
PB: Ich brauche keine Hose! Ich brauche nur ein schwarzes Jackett oder Ähnliches mit –
V: Und eine hübsche Bluse für drunter wäre auch angebracht, meinetwegen auch in Dunkelgrau, weil –
PB: Ich brauche nichts für drunter! Ich –
V (greift nach einer schwarzen Bluse): Diese hier wäre perfekt!
PB: Entschuldigen Sie! Ich habe etwas zum Drunterziehen. Ich habe eine Hose. Ich brauche nur ein Oberteil und ich hätte gerne (deutet auf das Jackett) dieses Oberteil!
V (pikiert): Wie Sie meinen (mustert PB erneut von oben bis unten).
PB: Ja, das meine ich (verschwindet in der Kabine).
V (etwas zu laut von außen): Nun ja, wenn Sie da hintern drin sitzen in der Menge sieht man ja nicht –
PB (kommt raus, gaaanz ruhig): Ich sitze nicht in der Menge. Ich spreche vor der Menge!
V (verzieht den Mund): Da würde ich dann aber schon zu einer komplett neuen Einkleidung raten, immerhin –
PB (betont jedes Wort): Ich brauche keine komplett neue Einkleidung! Ich will nur dieses eine Oberteil (hält das Jackett hoch).
V: Aber eine schwarze Hose und eine nette Bluse können Sie doch zu jedem Anlass immer wieder –
PB (ungläubig): Sie meinen das ernst, oder?
V: Natürlich! Unser Haus legt größten Wert auf gute Beratung und zufriedene Kundinnen!
PB (drückt V. das Jackett in die Hand): Da würde ich dann aber zu einem komplett neuen Umgang mit potenziellen Käuferinnen raten! (geht Richtung Ausgang). Ich gehe dann mal woanders schauen. Auf Wiedersehen und trotzdem danke!
V (laut hinter PB): Viiiiiel Spaß auf der B E E R D I G U N G!
Gertrud sagte:
Oh je, so was ähnliches habe ich auch kürzlich erlebt bei uns. Verkaufen um jeden Preis, und wenn man tausendmal nein sagt interessiert das die nicht. Total penetrant. Aber schlimm das das in so einer Situation passiert. Manche Leute sind einfach Trampeltiere. Liebe Nordlichtgrüsse!
Sigrid Strohschneider-Laue sagte:
Grundgütiger, ich sehe nicht schwarz, sondern ROT!!!!
Der Elefant sagte:
So ziemlich die gleiche Geschichte, erzählte mir ein Freund neulich. Sieht so die neue Verkäufer-Ausbildung aus?
Na dann hilft beim Einkauf ja nur noch ein Ohropax und ein Schild um den Hals „ich bin taubstumm“ 😉
Monika sagte:
Meine Güte Petra, was für respektlose Menschen es gibt. Diese Verkäuferin hat wohl von Menschen(verstand) nicht viel Ahnung. Sie sollte vielleicht eher in den Ruhestand gehen…
Liebe Grüße aus Freiburg, Monika
tina de luxe sagte:
Unglaublich! Ich seh’s wirklich bildlich vor mir, dich erst ungläubig und dann mit der einzig richtigen Reaktion …
skriptum sagte:
Liebe Petra, gib doch bitte mal einen Tipp, um welchen Mokel es sich handelt. Solche Stumpfsinnigkeiten sollte man m. E. durchaus entsprechend „weiter empfehlen“ …
ladyschaft sagte:
Liebe Skriptum, es ist der Laden mit dem B vorne. Für Dich gleich dreimal in Hannover: Große Packhofstr. 11, im EKZ Ernst August Galerie und Lange Straße 68 (Münden). Hilft das 😉 ?
skriptum sagte:
In dem Laden war ich noch nie.
Du darfst es gern Bauchgefühl nennen …
Heike sagte:
Viel Spaß? Ich bin sprachlos.
asinuscanus sagte:
Die Beschreibung der Verkäuferin ist klasse, die ganze Geschichte wäre es auch, wenn sie nicht (womöglich) wahr wäre. Aber es doch auch eine gute Erkenntnis, wenn man weiß, wo man in Zukunft nicht mehr einkaufen wird.
ladyschaft sagte:
Schreibt das Leben nicht sowieso die besten Geschichten? Diese jedenfalls hat sich genauso zugetragen – und ist fern jeglicher Dichtung. Leider. Wieder ein Laden weniger, in den ich gehen werde – auch wenn es dort nette Kolleginnen besagter Verkäuferin gibt und ich bisher immer gern dorthin bin. Wie andere wohl einst zu JW … 🙂
Wortman sagte:
Geh einkaufen und du kannst die tollsten Geschichten erleben 😉
Sabine sagte:
Und das war wirklich keine kleine Satire, liebe Petra?
😯
Liebe Grüße
Sabine
(die das dreimal gelesen hat, samt der Kommentare, und glaubt im falschen Film zu sein …)
ladyschaft sagte:
Nein, Sabine. Es war keine Satire. Nicht mal eine klitzekleine.
Ich hatte zunächst überlegt, später noch einmal hinzugehen und der Dame freundlich, doch unmissverständlich die Meinung zu sagen. Ich war an dem Einkaufstag selbst alles andere als in der Stimmung dazu. Aber es gibt einfach Menschen, für die ist mir meine Zeit zu schade. Und ich glaube, sie würde sowieso gar nichts verstehen. Sie will verkaufen – fertig. So etwas wie Respekt oder Rücksicht kennt die vermutlich nicht. Nicht meine Welt. Sonst hätte sie so etwas, wie passiert, nicht gesagt. Ich meide den Laden künftig – und lasse es damit gut sein.
Sabine sagte:
Ich kann dich gut verstehen, liebe Petra
ich hätte auch keine Lust nochmal hinzugehen. Und in so einer Situation entsprechend zu reagieren, wenn man kackfrech (entschuldigung 😉 ) zugelabert wird, das ist manchmal nicht einfach.
Ganz liebe Grüße
Sabine
freidenkerin sagte:
Auweh! Da fehlt’s einfach an allem: Einfühlungsvermögen, Verstand, gute Erziehung, Anstand, Taktgefühl…
In den Geschäften oder Kaufhäusern hierzulande trifft man zusehends auf beide Extreme: Entweder es ist meilenweit kein(e) Verkäufer(in) in Sicht oder aber diese Leutchen sind dermaßen aufdringlich, dass einem jede Lust am Einkaufen vergeht. Noch dazu, wenn man seelisch nicht eben auf der Höhe ist.
writresscorner sagte:
*gg* ich glaube ja mittlerlweile das es nur zwei Arten von VerkäuferInnen gibt. Die einen, ich nenne sie die Mediamarkt-Type, die sind nie zuständig und versuchen sich auch schon mal unter einem Regal vor hartnäckigen Kunden zu verstecken. Na und dann eben die „Hyper-aktiv-und-super-aufdringlich-Fraktion“. Boaah, bei letzteren möchte mensch doch gerne was Rotes auf deren Beerdigung tragen.
Alles Liebe Karin
Biggi sagte:
U.n.g.l.a.u.b.l.i.c.h.
dachfenster sagte:
Solche Leute können eine ganze Berufsgruppe in Verruf bringen. Als die mitarbeitende Ehefrau in einem Mini – Familienunternehmen stehe ich auch hinter der Ladentheke. Es kann sein ich verkaufe in einem Moment etwas für die Geburt eines Kindes und im nächsten Moment kommt eine Trauerfamilie und bestellt für eine Beerdigung. Ich wünsche und ich hoffe, dass ich immer den richtigen Ton treffe. Für jeden Anlass, auch unabhängig davon, wie es mir selbst geht. Denn wenn das eigene Seelenleben am Boden ist kann ja der Kunde nichts dafür. Für einen selbst ist es aber sehr, sehr anstrengend.
Sabine Anne sagte:
Liebe Petra,
jetzt muss ich doch noch schreiben und habe eine Bitte. Du hast so eine ergreifende Trauerrede gehalten. So lebendig auf der einen Seite und so tiefgehend das die Leute geweint und gelacht haben. Ich habe Wolfgang vor mir gesehen und ihn reden und lachen hören genauso wie er war. Du musst ihn sehr geliebt haben.
Viele haben dich hinterher darauf angesprochen da wollte ich mich nicht auch vordrängeln und ich weiss nicht ob das jetzt geht, aber kannst du mir den Redetext vielleicht schicken? Nur für mich zur Erinnerung.
Alles Liebe
Deine Bine Anne
Ini sagte:
Ja…
Manche Verkäufer und Verkäuferinnen haben ein Feingefühl, das schreit zum Himmel.
Ich kann das sagen, da ich auch den Beruf als Verkäuferin mal gelernt habe und ich kannte einige Damen und Herren, die schon länger in dem Beruf waren.
Gut war man in der Ausbildung, wenn man den armen Kunden den größten Schund andrehen konnte.
liebe Grüße
Ini